CCP hat die Public Relations Lektionen der letzten Jahre tatsächlich gelernt. Uns Spieler darf es freuen. Mit einem Löffelchen voll Zucker kommen wir morgen in den Genuss der neuen Sprung-Änderungen, die im Vorfeld schon für so hohe Wellen gesorgt haben. Aber sind sie wirklich so schlimm, wie landauf landab die „Tinfoil Heads“ behaupten?
Kirith Kodachi hat in einem sehr interessanten Beitrag das Thema mal etwas abseits von den klassischen „Ja, NullSec Bashing!“ vs. „Ragequits“ beleuchtet. Wie kann eine Mechanik denn aussehen, welche die verkrusteten Strukturen im NullSec verträglich aufbricht?
Dafür postuliert er ein <N+1> Problem, was allen kompetitiven Auseinandersetzungen gemein sei. In Kürze: hat eine beliebige Gruppe (in dem Fall, EVE Spieler Allianzen oder Koalitionen) eine Macht von <N>, und eine andere Gruppe hat eine Macht von <N+1>, dann wird letztere Gruppe immer im Vorteil sein. <N>=Macht klingt natürlich ein bisschen platt, aber das soll nur die generelle Gültigkeit der Theorie anschaulich machen. Will man <N> nun mit Erfahrung und Taktik, mit Monden oder ISK, oder einfach mit Anzahl der Member gleichsetzen – völlig egal, der mit mehr <N> ist mächtiger.
Nun versuchen Spiele (und auch ökonomische Systeme) diese Ansammlung von Macht zu begrenzen, indem sie abnehmende Grenznutzen aufsetzen. Das verringert absolut gesehen den Vorsprung der <N+1> Fraktion, aber es wird ihn nie beseitigen können.
Nun sind die Erwartungen der unterlegenen oder gar unbeteiligten Fraktionen an Änderungen hoch: „Diese Änderung hilft vor allem den Großen, denn sie haben ja viel mehr <irgendwas>!“. Und natürlich haben Sie Recht, je mehr jemand angesammelt hat, desto weiter wird seine Nase bei Änderungen jedweder Art vorn sein. Und das ist auch gut so – würde jetzt eine Mechanik eingeführt, welche die erfolgreichen Allianzen bestraft (also die <N+1> hinter die <N> setzt), würde ein Negativ-Wettlauf entstehen, weil jeder ganz hinten sein will. 😀
Also geht es nicht darum, alle Gruppen unabhängig vom Ausgangslevel auf eine Stufe zu heben. Der Vorteil den sich der Primus erarbeitet hat, kann durch die Verfolger nur erreicht werden, wenn sie so gut (oder besser) machen wie er. Wenn die anderen Gruppen die Lust nicht aufbringt, sich dem nicht gewachsen fühlt oder einfach nur bitter sein will, dann sei es so. Aber derjenige der eine Sache erfolgreich macht, sollte dafür auch belohnt werden.
Worum geht es also dann? Um den oben schon erwähnten abnehmenden Grenznutzen. Es sieht zwar aus als würde CCP die Großen bestrafen, weil sie vorher mehr Freiheiten hatten, allerdings ist das nicht so. CCP führt einfach Regeln ein die den Zuwachs an Macht verlangsamen, und zwar je höher man im Erfolg aufsteigt. In diesem Fall geht es um die Beweglichkeit der Cap-Flotte, und diese wird nur deswegen beschränkt weil es andere Spieler in ihrer Freiheit (sich im Null niederzulassen) zu stark eingeschränkt hat.
Werden sich die Großen mit Schiffs-Zwischenlagern und Sprungklonen darauf einstellen? Natürlich werden sie das. Werden die bisher schon Erfolgreicheren weiterhin die Nase vorn haben? Ja, das werden sie. Was sich ändert? In Bezug auf Beweglichkeit müssen die Powerblöcke nun Entscheidungen treffen, wo sie vorher alles auf ein Mal tun konnten. Der Caps-Blob ist nun gezwungen sich zu entscheiden: Wo stationiere ich meine Cap-Flotte? Wohin stecke ich die ISK? Welche Risiken müssen neu abgewogen werden? Diese Notwendigkeit gab es vorher nicht – ab morgen jedoch muss man Ressourcen (ISK, Spielerzeit, Gehirnschmalz) investieren um mit den neuen Bedingungen umzugehen.
Die Großen werden also mehr investieren müssen, um die Jonglier-Bälle weiterhin in der Luft zu halten. Die spannendste Frage wird sein: wenn der Staub sich gelegt hat, werden die Powerblöcke den Status Quo (Herrschaft über ausgedehnte Gebiete im Null) um jeden Preis erhalten? Oder wird CCP Erfolg haben in ihrem Ziel, das NullSec ‚lokaler‘ zu gestalten?
Man darf dabei auch auf die anschließenden Patches gespannt sein, denn das bisher nötige ‚Structure Grinding‘ steht als nächstes auf der Arbeitskladde. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich an dezentralisierte Kämpfe denken, die in der ganzen Region des befallenen Systems stattfinden müssen. Hier sollten alle Größenklassen jeweils eine eigene Aufgabe haben, so dass wieder mehr Platz für ‚gudfights‘ ist.
Warten wir es ab – die Kugel rollt.
Kandoli
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