Im Laufe der ersten Dekade veränderte sich Eve Online im Hinblick auf die PvE Inhalte nur wenig. Nun stößt CCP mit Konzentration auf Exploration und Vermeiden von Story-Spoilern in ungekannte PvE Weihen vor. Wie aber kann eine dauerhaft motivierende PvE Umgebung aussehen?
Es sind doch nur Worte
Fragt 1000 Eve Spieler, und ihr werdet jede beliebige Schattierung für den eigentlich Zweck New Edens hören. PvP geht überall, also ist New Eden genau dafür gemacht, sagen die einen. CONCORD schützt die Bedürftigen, und hohe Gewinne locken die Fähigen – CCP tut einiges um den PvE Konsum zu unterstützen, meinen die anderen. Doch ist oft das Verständnis der Begriffe in beiden Lager nicht immer klar umrissen.
Also lasst uns zunächst feststellen:
- PvP heißt: Spieler treten gegen andere Spieler an um eigene Ressourcen zu vermehren oder gegnerische zu verringern (auch in Gruppen)
- PvE heißt: Spieler treten gegen die Spielwelt (NPC oder Objekte) an um eigene Ressourcen zu vermehren oder gegnerische zu verringern (auch in Gruppen)
Klingt logisch, hat aber auch einige nicht so naheliegende Folgen. Markt-PvP sei hier beispielsweise genannt, wo es darum geht anderen Spielern das Geld aus der Tasche zu ziehen um Profit zu erwirtschaften. Auch PvE umfasst eben gerade nicht nur Mission Grinding, sondern (ich hoffe ich vergesse nichts):
- Mission Grinding ^^
- Exploration
- Ratting
- Mining / Production
- Incursions
Also doch eine beachtliche Anzahl an PvE Tätigkeiten in New Eden, auf die man im ersten Moment möglicherweise gar nicht kommt.
Stillstand ist der Tod
Ein Beitrag von TMC befasst sich ebenfalls mit diesem Thema, kommt dabei aber recht PvE-feindlich daher. Der Autor stellt fest dass die aktuellen Inhalte für PvE vollständig uninteressant sind. Hauptkritikpunkt sind die sich wiederholenden Inhalte, welche den Spielern ermöglichen die Abläufe zu dokumentieren, und so ohne jegliche Herausforderung nach Schema F vorzugehen. Die (dünne) Storyline wird so zum weggeklickten Ärgernis auf dem Weg zum nächsten Mission Loot. Man merkt dem Artikel an, dass er als Mission-Running-Hass-Artikel startete und weitere Inhalte erst spät den Weg in die Gedanken des Autors fanden.
Ist aber nicht schlimm, denn SOOO unrecht hat er nicht, zumindest wenn man so wie er auf die Missionen fokussiert. Die Burner-Missionen mal ausgenommen, muss der Pilot sich schon wirklich extra nicht vorbereiten um bei Missionen zu versagen. Ratting ist per se auch nicht tiefgängiger, wenn auch Gegnerzusammensetzung und -anzahl nie vorhergesagt werden kann, stellen Ratten einen halbwegs geskillten Piloten vor keine all zu große Herausforderung.
Aber Exploration, Incursions, Mining / Production? Hier ist die Komplexität und auch der Faktor Zufall wesentlich höher. Natürlich ist alles gut dokumentiert, wäre es das nicht, würden vermutlich viel weniger Spieler den Zugang zu diesen Inhalten finden. Aber das tut der Abwechslung keinen Abbruch. Man sollte von einem MMO nicht erwarten eine Witcher 3 Story zu erzählen, dazu ist das Spielziel einfach zu verschieden. Und kein Buch ist nach dem 100. Lesen noch spannend, da hat die 100. Incursion vermutlich noch mehr Unterhaltung zu bieten.
Darüber hinaus enthält der Beitrag noch eine zweite wichtige Wahrheit: andere Spiele arbeiten einfach mit Level Caps, und können so direkt beeinflussen wie aufwändig / wie selten ein PvE Inhalt geknackt wird. In Eve Online ist das nicht so leicht, da die Schiffe so herzzereißend teuer spezialisiert und problemlos PLEX-finanziert vervielfacht werden können. Der Spieler bereitet sich so gut vor, das dem kein noch so anspruchsvoller PvE Content je standhalten könnte. Auf CCP-Seite will man die Zugänglichkeit für die Masse erhalten, um möglichst viel Spieler-Unterhaltung pro Entwicklerstunde zu bekommen. Auf der anderen Seite dürfen die Inhalte aber nicht exploitbar sein. Eine riesige Herausforderung im dunklen und kalten Universum voll von optimierungswahnsinnigen Spielern, die es wirklich darauf anlegen. Und darauf anlegen, das ist etwas was unsere lieben New Eden Bewohner immer tun – oh ja. ^^
Das große Glück für PvE ist das PvP: in Eve machen viele Dinge vor allem deswegen Spaß, weil andere Spieler die Spielwelt ebenfalls beeinflussen. Da muss man gar nicht auf Ganker und Griefer schauen, um dafür Belege zu finden. Exploration an sich ist interessant, bindet aber vermutlich inhaltlich nicht auf Jahre. Spannend wird es, wenn man das HighSec verlässt und sich ständig über die Schulter schauen muss. Der PvE Inhalt wird so zum PvE-and-P Inhalt, und das fordert nun doch mehr heraus als nur CONCORD-geschützt herumzufliegen. Wir reden wohlgemerkt nicht von Ratting-Carriern in abgestorbenen NullSec Systemen – die oft sicherer sind als jedes HighSec Gate – allerdings zeigen die ALODs dieser Welt dass diese NullSec-Eckchen so abgestorben dann meist doch nicht sind. 😀
Das bedeutet also: PvP in New Eden wertet PvE Inhalte auf. Je gefährlicher die Region, desto spannender die Aufgabe und desto höher die Belohnung. PvE geht in New Eden schon grundsätzlich nicht ohne andere Spieler, im PvE-Endgame wird dieser Faktor aber nochmal um ein Vielfaches wichtiger, weil da das Risiko höher ist. Und das schürt den Puls, und das macht Spaß.
Ist das schon alles?
Nun ja, nicht ganz. Bisher fast unerwähnt blieb ja die Eve Story. Andere Spiele (ja, WoW, ich sehe dich an!) haben von jeher mehr Aufmerksamkeit auf Inhalt und Präsentation ihrer Lore gelegt. CCP hat dies lange verschlafen, und das eigene Grundsetting über viele Jahre nur sehr stiefmütterlich behandelt. Das ändert sich glücklicherweise seit ca. einem halben Jahr, und es ist schön zu sehen wie die Community auflebt und die Änderungen und Entwicklungen begrüßt. Auch das macht PvE spannend, die neuesten Flüge in die ‚Unidentified Wormholes‘ werden so manchem Spieler neben der Aufregung über die Gegner auch ein Staunen entlocken, wenn man sich die bisher völlig unbekannten riesigen neuen Strukturen so anschaut.
CCP sollte damit unbedingt weitermachen, die Story weiter durch Renderinhalte (gern auch länger und mit mehr Tiefgang) voranbringen, um mehr und mehr Spieler – und Nicht-Spieler – aufmerksam zu machen. Personen sind heute noch so steril und ohne Tiefe (nichts gegen die Scope-Videos, aber ..) – da fiebert kaum jemand mit ob ein Dr. hier oder eine Empress da umfällt.
Da können unsere isländischen Freunde noch eine ordentliche Schippe drauflegen, man stelle sich nur Dr. Hilen Tukoss oben ohne und mit schickem Nasenring vor. Ihr meint, in New Eden spielt sich nichts im First Person ab, deswegen sollten Renderinhalte auch nicht so nah rangehen? Nun ja, schaut euch mal die Starcrafts oder die Command and Conquers an, da gab es nur aufwändige (mehr oder weniger) Renderfilmchen, und im Gameplay wanderten dann 10*10 Pixelhaufen über eine grüne Suppe namens Spielwelt.
Was auch zu erwähnen wäre ist ein weiterer Vorschlag aus dem TMC Artikel, die prozedurale Generierung der Gegenerstärke, um erfahren PvE-Vets zu überraschen. Der Spieler soll im PvE Inhalt ankommen, und erst dann merken was ihn eigentlich erwartet. Das ist dann zwar abwechslungsreich, aber vermutlich auch demotivierend wenn die 21. Astero unwissend im NPC-Blob platzt, weil der Prozeduralgenerator schon wieder das Supercap-PvE-Level ausgewürfelt hat. Nichts gegen variierende Inhalte (Feindzusammensetzung, Offense/Defense Konzepte, usw.) – aber Schwierigkeiten so anpassen dass sie nicht gegrindet werden können? Klingt schön, ist aber unrealistisch. Man könnte mal über die Anpassung der Gegnerstärke nachdenken (also nicht zufällig), je nachdem wie viel Feuerkraft der Spieler mitbringt. Ob das funktionieren kann, müsste man sich mal überlegen.
Nicht zu vergessen, dass nicht jeder EVE Spieler den absoluten Adrenalin-Overkill sucht, wenn er sich einloggt. Manch einer wünscht sich nach dem langen Tag eine gesellige Gruppe stummer Asteroiden, die sich klaglos vom konstanten Wummern der Civilian Mining Laser auflösen lassen. Oder eben ein paar sinnlos im All driftende (haha!) Ratten, oder auch die ach so langweiligen Missionen der immer gleichen Agenten-Gesichter mit immer gleichen Jungfrauen. Ja, Eve Online soll unterhalten – und das ist – wie man auch an Kinobesuchern sieht – für den einen der Bay-Film (PvP), für den nächsten das Drama (PvE) und für den übernächsten der 13. Teenie-Klamauk (ich. will. nicht. nachdenken.).
Hätte, hätte, Fahrradkette
Mein Ideengeber in Form des TMC-Artikels hat also ein wichtiges Thema behandelt, auch ein paar gute Punkte hervorgebracht, ist aber als Tiger losgesprungen und als Bettvorleger gelandet. Die Herausforderung für zugängliche und trotzdem ausbalancierte PvE-Inhalte im offenen Single-Instance-Universum ist riesig, da muss man Kompromisse eingehen denen andere Spiele nicht unterworfen sind.
Auch bewegt sich CCP in eine gute Richtung, indem sie Story, Exploration und Ratting verbinden um so die PvE Aktivitäten wiederzubeleben. Alte Gerüchte vom endgültigen Abschalten des Missionssystems mögen übertrieben sein, aber schon heute bietet PvE so viel mehr, dass man sich schon mal die Zeit nehmen sollte um die überkommenen Vorurteile zu überprüfen. Geht da noch mehr? Aber sicher. Geht die Präsentation des PvEs auch schicker und häufiger und ‚immersiver‘? Aber logo.
Wird New Eden ein Ort in dem man sich wochenlang mit der spannenden Hintergrundgeschichte spielerisch beschäftigen kann ohne ein Mal repetitive Inhalte zu sehen? Vermutlich nicht. Aber wer das sucht, ist schätze ich bei Witcher 3 doch besser aufgehoben.
Fröhliches Grinden,
Kandoli
Source: Eve PvE’s Optimization Problem | TheMittani.com
ZITAT
…je nachdem wie viel Feuerkraft der Spieler mitbringt…
ZITAT ENDE
genau das gab es bereits in Homeworld, anno knips…
o/
Ja, mir gingen nur wieder genau die zwei Themen durch den Kopf:
1) Harassment – PvPler scannen dich aus, springen mit in die Site damit der Schwierigkeitsgrad steigt, und hauen dann schnell wieder ab
2) Exploit – du bringst zum Messzeitpunkt nur ne Frig, und sobald die Ratten da sind holst du den Carrier
Also alles nicht so einfach in New Eden 😉